Fritz the cat


Das Foto zeigt einen jungen Surfer auf Gran Canaria, am Strand von Las Palmas. Es wurde vom niederländischen Fotograf Sinal geschossen, ist etwa vor neuen Jahren aufgenommen worden. Die Arbeit des Fotografen ist mir grundsätzlich zu … voyeuristisch – dieses Bild aber traf mich wie ein Blitzschlag – so als ob es von Fritz einen in der Zeit gewanderten Doppelgänger gibt …

Sommer 1980

Wenn es je einen Jungen gab, der den Spitznamen „Fritz the cat“ verdient hatte, dann Fritz Kling. Ich lernte ihn im Sommer 1980 am Rande des Fußballfeldes von Biedermannsdorf kennen, wo er im Schatten alter Bäume saß und in der hohlen Hand rauchte. Da war er dreizehn Jahre alt, ich war gerade 15.
Obwohl ich damals noch nichts vom Geschichten schreiben wusste, oder davon, wie man Musik macht, obwohl ich damals mehr reaktiv war als besonnen, löste er in mir den Wunsch auf, meine Gedanken und Gefühle ihm gegenüber festzuhalten. Was mir neben seiner beinahe engelhaften Schönheit besonders intensiv auffiel, war seine Ernsthaftigkeit in allem, was er tat, plante, vorhatte und empfand. Fritz blödelte gerne, er war närrisch und lebendig wie ein Blitzschlag. Aber wenn es um Dinge ging, die außerhalb des Jux & Tollerei Rahmens lagen, zeigte er eine vertrauliche Ernsthaftigkeit, die mir fremd war und die mich ganz tief und ehrlich ansprach. Ich mochte ihn und ich wollte, dass er mich mochte. Was ihm besser gelang als mir selbst, war, durch meine Schutzmauer zu blicken und das zu sehen, was ich wirklich war: ein schlaksiger, verletzlicher Träumer und Narr. Einer, der unsicher war und neu im Ort. Ein Außenseiter, wenn es je einen gegeben hat.

Er nahm mich an und seine Freundschaft war ebenso unaufdringlich wie still und ernst.
Und aufrichtig.

Ilmaz und Fritz the cat

Ilmaz war ein fünfzehnjähriger Junge, der Haare auf der Brust hatte und sich rasierte, weil er nicht mit einem Vollbart herumrennen wollte. Er und Fritz trieben sich eigentlich immer im Freien herum. Sie hatten kein Geld für Lokalbesuche oder um beim Greissler des Ortes Bier zu kaufen. Sie kratzten ihr Taschengeld zusammen und kauften sich Zigaretten: Hobby, Smart Export, Flirt. Das Billigste vom Billigen. Sie waren aus der Not heraus reine Naturburschen geworden, und als ich mich ihnen anschloss, ging das von einem Tag auf den anderen und völlig unprätentiös: Am Tag zuvor war ich noch allein und fand mich nicht zurecht, am nächsten hatte ich Freunde. Wir zogen über die Felder, halfen Fischern bei den Vösendorfer Ziegelteichen und verdienten uns so ein wenig Taschengeld dazu, mit dem wir Bier kauften. Damit zogen wir uns in einen der Jägerhochstämme zwischen Biedermannsdorf und Achau zurück, kappselten die Bierflaschen auf, rauchten Zigaretten, und redeten oder schwiegen. Das war unser Geruch: Rauch von Lagerfeuer, gegrillte Maiskolben, Zigaretten und unendlich viel frische Luft.

Sie zeigten mir, wie man auf den alten Betonsilo klettern konnte, um dort oben unbeobachtet zu rauchen, wie man Biedermannsdorf auf den Feldwegen umrunden konnte, wo im wilden Unterholz beim Teich einmal ein sterbender Wolf gefunden worden war (was ich für eine Legende hielt). Sie zeigten mir im Waldstück zwischen Biedermannsdorf und Wiener Neudorf das alte, lange Seil, an dem man sich über das ausgetrocknete Bachbett schwingen konnte. Ich lud sie zu mir ein und meine Eltern machten verschnupfte Nasenlöcher, weil sie die Jungs irgendwie „gefährlich“ fanden. Wildlinge, wie mein Vater sie nannte. Nach einer Weile akzeptierten sie die beiden – vor allem wohl deshalb, weil wir im Grunde genommen nichts anstellten, nichts wirklich Blödes. Wenn wir Geld hatten, gingen wir in zu einem der drei Heurigen, die es im Ort gab und tranken Ribiselwein, und wer den schon mal getrunken hat, weiß, wie das Zeug einfahren kann. Betrunken zu werden, war Anfang der Achtziger eine ziemlich billige Angelegenheit.

Fritz lebte allein mit seiner Mutter, sein älterer Bruder war im Gefängnis. Seine Mutter erschien mir immer abweisend, hart und lieblos. Yilmaz wohnte mit seiner Familie in einem Anbau des Borromäums. Sehr beengte Räumlichkeiten, große Familie, eine traurige Mutter und ein Vater, der mit der Couch verwachsen war. Wir waren, lange bevor es so etwas im Kino gab, verlorene Jungs. Verlierer. Und deshalb war es so wichtig, dass wir einander hatten.

Der Schatten geheimer Träume

Fritz war älter als sein Taufschein es vermuten ließ. Er war 1981 vierzehn Jahre alt und auf eine ziemlich wilde Art & Weise hübsch. Er war muskulös und graziös wie ein Raubtier. Und er war sich dessen kein bisschen bewusst. Mich wunderte immer wieder, wie vollkommen uneitel er war und wie ihm eine Rangelei unter Freunden wichtiger sein konnte, als einfach nur statuenhaft schön zu sein. Ich erklärte mir das damit, dass Fritz entweder (noch) nichts von Sex wusste, oder vollkommen heterosexuell war und einfach noch nicht so weit, die Verbindung herzustellen zwischen äußerlicher Attraktion und die Suche nach sinnlicher Nähe.

Ich war um zwei Jahre älter und ich verdrängte die Träume, ihm nahe zu sein, wann immer sie auftauchten, und es war mir fast eine Erleichterung, als sich meine sexuelle Aufmerksamkeit im Sommer ´81 auf Walter Kroboth bündelte wie ein Lichtstrahl. So konnte ich weiter mit Fritz auf den Feldwegen herumziehen, um die Wette rülpsen oder einfach nur die Nähe genießen.
Er roch sogar im Winter immer irgendwie nach Sommer. Nach Heu und Felder und nach Regen, nach Lagerfeuer. Ihm haftete auch dieser süße Naturwassergeruch an, wie Wassermelone.
Damals nahm ich das nicht wahr, aber ich denke doch, dass Fritz und Yilmaz gekränkt waren, als ich immer öfter versuchte, Teil der Clique zu werden, zu der auch Walter Kroboth gehörte, weil er mich unwiderstehlich mit seiner erotischen Schwerkraft anzog. So dachte ich damals nicht. Ich handelte nur, suchte Walters Nähe und malte mir aus, wie es wäre, ihn zu küssen und ihm zwischen die Beine zu greifen und zu spüren, wie er hart wurde.
Teenagerträume.
Auf irgendeiner Ebene verstand Fritz sehr gut, was mit mir los war, aber er machte nie ein Thema draus.

Als wir einmal bei einem Treffen der Pfarrjugend dabei waren und eingeladen wurden, uns bei einem Gemeinschaftsspiel zu beteiligen, stellten wir fest, dass wir beide aneinander dasselbe mochten: Keiner von uns machte sich je über andere Menschen lustig. Wir verspotteten niemand. Wir waren jugendliche Pragmatiker, könnte man sagen. Zu cool, um Arschlöcher zu sein.
Wie viele andere Jugendliche, die in kleinen Ortschaften aufwuchsen, oder ihre Teenagerjahre dort verbrachten, hatten wir nicht viel zu tun. Deshalb erinnere ich mich jetzt ganz besonders deutlich, was uns in dieser Zeit umtrieb, in diesem Jahr, bevor Sex, Mädchen, Lehrberuf und erste Träume vom eigenen Auto wichtig wurden.
Es war die Nähe, die nichts verlangte und doch alles gab. Es war die Selbstverständlichkeit, dass wir da waren, die Vertrautheit, mit der wir den Atem des anderen kannten, das Herzpochen und den Geruch vom Schweiß, den Geruch der Kleidung. Wir waren uns vollkommen vertraut – nach kürzester Zeit ineinander verschränkt wie Bäume auf einem einsamen Feld.

Wie ein hingekritzeltes Fragezeichen

Ich glaube, es war im Sommer 1983, da zog Fritz mit seiner Mutter aus Biedermannsorf weg in das Bundesland Burgenland. Im Herbst desselben Jahres wurde der Anbau des Borromäums geschliffen, in dem Yilmaz mit seiner Familie gelebt hatte und sie zogen nach Wien. Ich stand auf einmal allein da, ich meine, so richtig allein. In den vergangenen zwei Jahren hatte ich auch andere Jugendliche in Biedermannsdorf kennengelernt, mit denen ich mich gut verstand. Da gab es sozusagen eine andere Außenseiterclique, auch irgendwie verlorene Jungs, und gleichzeitig machte ich meine ersten Gehversuche in der elektronischen Musik. Ich hatte um mein erspartes Lehrgeld Synthesizer gekauft und einen Drumcomputer und ein Hallgerät und wir probten in der Nachbargemeinde Achau im Keller eines Familienhauses, wo wir während der Sessions, in denen wir den Stil von Klaus Schulze und Tangerine Dream kopierten, wie die Weltmeister kifften. Das waren damals Klaus Giwiser, Reinhold Atlas und ich. Ich nahm beim jungen Kirchenorganisten Unterricht in Spieltechnik, Komposition und Harmonienlehre und stellte mich dabei nicht ganz dumm an.
All das hielt mich auf Trab, und wenn ich in den Nächten im frühen Herbst von der Probe von der Achau nach Biedermannsdorf unter dem vollen Mond nach Hause ging, wünschte ich mir mit schmerzlicher Intensität Fritz und Yilmaz zurück, die wie Schiffe in der Nacht davongetrieben waren. Ich sang mit meiner krächzenden, vom Kiffen schiefen Stimme „Be my friend“ und manchmal blieb ich stehen, schlug die Hände vors Gesicht, kauerte mich in den Straßengraben, damit mich niemand sehen konnte, und heulte. Eh nur wegen des Kiffs, klar? Rauch ins Auge gekriegt, kennt man ja.

Das Fundament meiner Ideale

Walter Kroboth war die erste Liebe meines Lebens und die erste herbe Enttäuschung.
Fritz aber war für mich das Fundament, auf dem ich meine Ideale für Freundschaft errichtete. Niemand konnte so viel geben wie er, ohne sich dabei wie einer zu benehmen, der gab.
Er war einfach da. Er war immer vollkommen da. Und deswegen wird mich die Erinnerung an ihn mein Leben lang begleiten.

Er hat mich geprägt.

Die Notizbücher

Ich verwende seit etwa 12 Jahren Notizbücher. Davor habe ich linierte Collegeblocks benutzt, in erster Linie, um Gedichte zu schreiben. Mit den Notizbüchern fing ich im Juni 2010 an, als unser erster Flug nach Kuba bevorstand und ich mit Platz und Stil haderte: ich wollte Notizen machen und das Notizbuch stets bei mir haben, quasi in der Hosentasche der Jeans

Die Moleskine-Jahre

Mein erstes Notizbuch war ein unliniertes A6 Büchlein von Moleskine mit Softcover, der Klassiker. Die Marke nutzte ich dann über neun Jahre und füllte etwa zehn Bücher. Zwischendurch kaufte ich die A5-Version liniert, einmal versuchte ich, einen Kalender zu führen, ließ das aber, weil ich zu der Zeit, also rund um 2016-2017 intensiv den Google Kalender nutzte.

Der Gedanke, das Motiv dahinter, meine Gedanken in Notizbücher zu schreiben, hatte schon etwas mit dem Wunsch zu tun, etwas mit Stil zu tun. Dachte ich zumindest. Das Gefühl wurzelte jedoch auf einer wesentlich tieferen Ebene, wo ich dachte, dass es Gedanken und Ideen gibt, die nur mir gehören sollen. Nur für mich zu schreiben, nicht, um mich später an dies oder das zu erinnern, sondern um mich im Moment des Schreibens zu erinnern.

Ich kaufte meine Notizbücher im stationären Handel. Das heißt nicht, dass ich in ein geheimes Papierwarengeschäft in der Innenstadt ging, wo ein alter Mann, wie der in der Buchhandlung in dem Film Die unendliche Geschichte, in der Ecke sitzt und grantig über den Rand seiner Brillen blickt – nein, ich kaufte die Notizbücher bei Thalia und nutzte die Gelegenheit und trank dort dann auch mal Kaffee und gustierte, was es sonst noch an Notizbüchern gibt.

Leuchtturm und Bulletjournal

Etwa ein Jahr lang versuchte ich, mit dem Bulletjournal warmzuwerden, das von Leuchtturm1917 nach dem Entwurf von Ryder Carroll produziert wird. An und für sich gefiel mir das Herumgepussel mit den Vorgaben, stellte aber fest, dass ich nicht vorhatte, mein Leben damit zu organisieren. Für Kritzelei, Sticker aufkleben und Absätze reinschmeißen, war mir das Bulletjournal dann doch zu konzeptionell. Ich bevorzuge Canvas, die leere Leinwand.
Ich führte das Buch nicht zu Ende und kaufte mir stattdessen zwei sehr schöne Notizbücher von …

Beechmore

Die Notizbücher von Beechmore sind edel. Ganz einfach. Sie haben dickes Papier, auf dem man gut schreiben kann, sie liegen gut in der Hand und der weiche Ledereinband fühlt sich wertig an. Ich habe zwei davon gekauft, einen für die Arbeit und einen für private Angelegenheiten. Ich hatte mich für die Edition in kastanienbraun, Größe A5 entschieden. Das private Buch habe ich vollgeschrieben, das für die Arbeit … nun ja, da habe ich noch Platz. Mir würde eine A6-Variante der Beechmorebooks gefallen, die scheint aber derzeit nicht verfügbar zu sein.

Auf der Suche nach etwas anderem, etwas Neuem, fand ich durch einen Kollegen, der so ziemlich alles, was er tut, mit Stil tut –

Paper Republic

Paper Republic hat seine Manufaktur in Wien, kauft aber Produktteile aus Frankreich und Belgien hinzu. Bei den Notizbüchern von Paper Republic geht es weniger um Notizbücher, als vielmehr um ein Konzept, wie man die Dinge, die man schriftlich festhalten will, bündeln und zusammehalten kann. Das Konzept sieht vor, einen Ledereinband zu haben, in den man austauschbare, beziehungsweise immer neue Notizbücher mit Gummiband hineinfixiert. Sowohl die Qualität des Leders als auch des Papiers sind unschlagbar gut. Der Preis ist nobel; für ein Paper Republic Grand Voyageur XL legt man schon 60 € hin. Das ist nicht ganz ohne. Tröstlich, dass man zumindest den Umschlag nur einmal kaufen muss. Alles andere kann man dann als Subscriber mit 20 % Nachlass recht kostengünstig nachkaufen. Vielleicht kaufe ich auch ein zweites Set für Reisenotizen, also die Pocket-Version

Als Schreibwerkzeug nutze ich jetzt einen Caran d’Ache 849 mit blauer Mine. Das Ding kostet wohlfeile 22 € und schreibt schöner als mein Waterman Hémisphere oder der schwarze Parker Tintenroller. Die Moleskine Kugelschreiber würde an und für sich ganz gut schreiben und ich würde sie öfter nutzen, aber sie liegen sehr ungut in der Hand und machen einen alles andere als wertigen Gesamteindruck; so als würden sie beim nächsten mal Mine rausdrücken, auseinanderfallen.

Mit der Hand

Mit der Hand zu schreiben – glaube ich – erfordert mehr Hingabe und Fokussierung, als irgendetwas in eine Notizapp zu tippen. Schreibt man mit der Hand auf Papier, widmet man sich der Sache, die man festhalten will, mit mehr Ernsthaftigkeit. Notizapps machen den User zu Informationsmessies. Quantität vor Qualität. Mit der Hand zu schreiben bedeutet auch, genauer darüber nachzudenken, was es wert ist, notiert zu werden und was weggelassen werden kann. Man trifft die Entscheidung intuitiv, während man kritzelt. Das Hirn arbeitet freudiger, kommt mir vor. Und schlussendlich ist es auch Zeit, die man sich für sich selbst nimmt.

Dass jetzt, in der vermeintlichen Endrunde der Coronakrise, die Menschen sich vermehrt alternativen Lösungsansätzen zuwenden und oft nach Lösungen jenseits von Internet, PC und Smartphone suchen, zeigt mir, dass das Dauergedröhn der Informationskrieger nicht mehr beeindruckt, sondern ermüdet. Dass der Zwang, präsent zu sein, zunehmend als Belastung wahrgenommen wird, und dass die Menschen den Begriffen „privat“, „autonom“ und „souverän“ mehr Bedeutung beimessen.

Dreht den ganz Social Media Krempel ab, geht raus, nehmt ein Notizbuch mit und schreibt, um Euch im Moment des Schreibens zu erinnern. Nein, nicht Fotos machen. Schreiben. Mit der Hand auf Papier. Nur für Euch selbst – als Privatpersonen.

M A R S

Die Idee

Vereinfacht könnte man sagen, dass es Bestrebungen gibt, Menschen zum Mars zu schicken und ihn früher oder später zu kolonisieren. Hat viel von SF und man kann in populärwissenschaftlichen Dokumentationen herrlich darüber spekulieren, wie man das wohl schafft. Welche Herausforderungen gibt es? Wie lösen wir die Probleme?

  • Die lange Zeit in der Schwerelosigkeit
  • Die lange Zeit unter extrem erhöhter Einwirkung der kosmischen Strahlung
  • Konstruktion, Aufbau und Besiedelung der Habitate

Was bei all dem begeisterten Geschwätz nicht thematisiert wird ist das:

Warum?

Es gibt unzählige Sonden auf dem Mars, Roboter, die dort herumrollen, filmen und Proben nehmen. Er ist vielleicht sogar schon besser kartografiert, als unsere Heimat.
Der Mars ist kalt, staubtrocken und stinklangweilig. Es gibt in Wirklichkeit keinen Grund, ihn zu besuchen, geschweige denn, ihn zu besiedeln. Er ist halb so groß wie die Erde und ein Mann mit 100 kg hat dort ziemlich genau 33 kg. Das ist lässig, aber kein Grund, all diese irren Strapazen und Aufwände auf sich zu nehmen.
Welchen Grund gibt es, den Mars zu besiedeln? Viele antworten auf diese Frage:

  • Aus demselben Grund, warum man auf einen Berg steigt: Weil man es kann!
  • Um seinen Vers zum Leben beizutragen
  • Weil es in uns ist, Pioniere zu sein

Ja. Wir sind Pioniere, wir suchen neue Gestade und den Sinn des Lebens und wir tun, was wir tun, weil wir es können, und wenn wir es nicht können, dann üben wir so lange, bis wir es gut genug können. So sind wir. Aber wir sind auch grüblerisch und kritisch und in Lauf der Zeit zu der Erkenntnis gelangt, dass es nicht immer klug und nützlich ist, alles zu tun, was man kann, ohne einen anderen Grund zu haben, als den, weil man es kann.
Als die Europäer im 13, 14. Jahrhundert neue Seewege suchten, ging es um Geld und um Ruhm. Eine Reise zum Mars und dessen Besiedelung können nur noch aus Ruhmeslust betrieben werden. Geld kann es nicht sein, denn am Mars gibt es nichts, dass sich die Bemühungen lohnt.

Oh, man könnte den Mars besiedeln, wenn wir die Erde kaputt gemacht haben. Ja eh, aber eben: sinnlos. Wenn wir die Erde kaputt gemacht haben, gibt es

a) auf der Erde noch immer Platz genug, um Biotope hochzuziehen, und

b) vielleicht keine nennenswerten Rücklagen mehr, die es wert wären, auf den Mars gebracht zu werden. Und

c), wenn wir die Erde kaputt gemacht haben, ist sie noch immer nicht so ein öder Ort wie der Mars. Wir müssten uns in den neuen Biotopen nicht einmal auf eine neue Schwerkraft einstellen und ersparten uns auch den weiten Weg.

Worüber sie in ihren begeisterten Dokusoaps nicht reden, ist, warum sowohl die Reise von Menschen zum Mars, als auch dessen Besiedelung sinnlos, dumm und unmöglich ist.

Es ist sinnlos

Am Mars gibt es nichts zu holen, nichts zu entdecken, nichts zu finden. Das wissen wir wegen der unzähligen Roboter, die es dort gibt und die uns mit Informationen versorgen.
Sollte die Erde je unbewohnbar werden, wegen Klimakatastrophen, Atomkriegen, Meteoreinschläge oder was weiß ich, warum sollten wir zum Mars fliegen und dort in Habitaten leben, wenn wir die genauso gut hier in jeder x-beliebigen Wüste errichten können? Man müsste sich nicht einmal mit der dämlichen Schwerkraft herumärgern …

Es ist dumm

Der Fantasie, den Mars zu terraformen, ist eine nette Mär. Nur sie wird nicht klappen. Egal, welche Methoden man anwenden will. Es würde endlos lange dauern und der Effekt wäre höchst fraglich.
Warum?
Der Grund, warum auf der Erde Leben ist und auf dem Mars nicht, liegt im Kern der Sache. Der Kern der Erde ist aus Metall und dreht sich in einer Hülle aus flüssigem Metall. Das erzeugt das Magnetfeld, das uns umgibt und uns vor Sonnenstrahlen und kosmischen Strahlen schützt.
Der Mars hat kein Magnetfeld, weil er aufgrund seiner Größe schneller abkühlte, der Kern zur Ruhe kam und so kein Magnetfeld produziert. Ein Magnetfeld ist nicht alles, könnte man sagen. Stimmt. Aber ohne Magnetfeld ist alles nichts.

Es ist unmöglich

Okay, in SF-Romanen ist nichts unmöglich, niemals nicht. Was das mögliche Terraforming des Mars betrifft, gibt es noch zwei gewichtige Argumente gegen diesen Versuch: Phobos und Deimos. Die Monde des Mars und ihre Umlaufbahn. Die ist sehr eng. So eng, dass eine Atmosphäre um den Mars, die dicht genug ist, um von Menschen geatmet zu werden, bis zur Umlaufbahn der Monde reichen würde. Die Wirkung wäre einfach und fatal: Die Monde würden durch die Reibung an der obersten Atmosphäre langsamer werden. Sehr langsam zwar, aber eben doch. Und das würde ihre Bahn beeinflussen, bis sie eines Tages auf den Mars stürzen. Und an diesem apokalyptischen Tag will ich lieber ganz woanders sein.

Vorwort: Cyborg me

Ich stelle in meinen Romanen gerne einen Zusammenhang her. Zu früheren Geschichten und zu solchen, die noch geschrieben werden müssen. Als ich mit der Arbeit an Cyborg Me begonnen hatte, stand die Geschichte für sich, eine Mischung aus Alita, Bladerunner und Ghost in shell. Dann kam mir der Gedanke bei der ersten Überarbeitung, dass die Welt, in der meine beiden Helden leben, verblüffende Ähnlichkeit mit der hat, über die ich nachdachte, als ich die Vorgeschichte zu Die Inseln im Westen schreiben wollte.

Die Inseln im Westen sind eng verwandt mit Coda- Der letzte Tanz, und damit auch mit dem Roman Fluchtgemälde. Mit Cyborg me hatte ich nun eine Geschichte, einen Kurzroman, mit dem ich erzählerisch das Feld bereitet hatte für die Geschichte, in der ich erzählen kann, woher die Welten Nib und Amid kommen, und was es mit der Legende von Samson und Osmin auf sich hat.

Wenn Du das Vorwort liest, bevor Du den kurzen Roman angehst, werden Dir die Namen nichts sagen, außer, Du hast Die Inseln im Westen gelesen. Keine Sorge, jeder Roman ist in sich abgeschlossen und man kann den einen lesen ohne einen anderen zuvor lesen zu müssen – aber dennoch: Ich arbeite an einem eigenen Erzähluniversum, das mehrere Romane umspannt.

Tatsächlich habe ich schon damit begonnen, eine Geschichte zu entwerfen, in der ich (wieder einmal) die Welt untergehen lasse – mit Getöse. Schuld daran wird ein junger Soldat sein, der in einem Bürgerkrieg ermordet und in eine Torture Doll verwandelt wurde.

Übrigens, ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert: Das Cover des Buches finde ich sehr gelungen, auch, weil es die Stimmung der Geschichte gut einfängt. Ursprünglich aber wollte ich ein anderes Motiv haben, genau genommen zwei. Zum einen das hier:


Artwork from kdash

Und andererseits dieses Bild hier, das zwar im Internet herumgereicht wird, dessen Lizenzierung allerdings exorbitant teuer ist:


Artwork by Augusto Ribeiro E Silva

Vor allem das letzte Bild hat mich dazu inspiriert, diesen kurzen Roman zu schreiben. Ich weiß, jeder hat seine eigene Vorstellung davon, wie eine Romanfigur aussieht. Für mich sieht Samson Aguilar jedenfalls so aus …