
Ich habe mich sehr lange und sehr gerne mit Tools (Apps) und Methoden auseinandergesetzt, mit denen man die eigene Produktivität steigern kann, oder sie einfach nur unterstützen. Im Internet entstand schon vor geraumer Zeit eine eigene Produktivitätsblase, die sich aus folgenden Interessensgruppen zusammensetzte:
- Produktersteller und deren direkte Interessenten
- Early Adopters
- Produktivitätsgurus
- Produkttrainer/Supporter
Diese Blase funktioniert im Übrigen ziemlich genauso wie die Selfpublisherszene, die sich über Instagram, Buchblogs, Tiktok, Threads ausbreitet:
- Autoren/Selfpublisher
- Deren direkte Interessenten:
- Freiberufliche Lektoren
- Freiberufliche Coverdesigner
- Freiberufliche Sensitivity-Leser
- „Street-Teams“ (Die sah ich zum ersten Mal bei einer deutschen SF-Autorin, die durchschnittlich schrieb, aber sehr viel von Marketing verstand)
- Fanbase-Organisatoren, in denen es um Wichtigkeit und Bedeutung geht, die zwar nicht wirklich existieren, aber dauerhaft behauptet werden
Ich habe selbst gerne über die Auswahl meiner Tools geschrieben und geredet, egal ob analog oder digital. Und ich verfasse diesen Artikel, um kundzutun: Damit ist jetzt Schluss. Warum? Ich sag’s: Produktivität ist eine Falle, die mehr damit zu tun hat, sich zu beschäftigen, als etwas zu bewirken. Produktivitätsgurus vermitteln seit je her den Eindruck von Herumgewusel und weniger, wie man etwas auslöst, bewirkt und erledigt.
Das Marketing all dieser Apps ist hervorragend und ästhetisch und verspricht eine stylishe Steigerung der Produktivität. Inzwischen denke ich, dass die meisten dieser Tools den Charakter einer Kannenpflanze haben: Sie legen mehr Wert und Gewicht darauf, einladend zu wirken, zu motivieren, bei ihnen zu bleiben und sich mit ihnen zu befassen. Da geht es nicht mehr um echte Produktivität, sondern um eine Methode, stilvoll Zeit zu verplempern, indem man sich mit etwas befasst, das produktiv erscheint.
Es ist Spielzeug. Ein neues, schönes Spielzeug für junge Frauen und Männer, die sich dafür schämen, noch zu spielen, obwohl sie das so gerne tun. Spielen. Workspaces einrichten, Listen einrichten und abhaken, auf die schöne GUI schauen.
Die Lösung nach all den Irrungen und Wirrungen, mit und ohne Tools und Trödeln & Quasten ist ernüchternd einfach.
- Es geht nicht um Produktivität, sondern um Effizienz
- Entscheide jeden Tag neu, was wichtig ist und was nur so tut, als ob es wichtig wäre
- Reihe Quick wins nach vor, um Motivation für Tätigkeiten zu haben, die umfangreicher sind
- Pflastere den Tag nicht mit Aufgaben zu. Lass Dir Zeiträume offen, um zu faulenzen
- Verzichte auf Tools & Apps, deren Bedienung selbst zu einer Aufgabe zu werden droht
- Standardisiere Deine Tools. Die Individualität ergibt sich aus der Herangehensweise, nicht aus der Auswahl der Tools.
- Weniger ist mehr. Immer.