Die Reisen meiner Notizbücher

Nein, ich erzähle Euch nicht, was genau ich in meine Notizbücher schreibe, ob ich ein Konzept habe, wie ich sie nutze und ob ich meine Herangehensweise bisweilen überdenke. Zumindest nicht in diesem Posting.

Gestern Abend habe ich in meinen vollgeschriebenen Notizbüchern und abgelegten Refills von Paper Republic nach einer bestimmten Information gesucht. Eigentlich unwichtig, aber ich verbeiße mich dann immer so in eine Sache, dass ich nicht aufgebe, bis ich gefunden habe, was ich suche oder sicher bin, dass es in der Zeit verschüttet wurde. Gestern habe ich die gesuchte Information gefunden, eine kleine Erinnerungsnotiz in einem zerfledderten Notizbuch von 2012.

Und ich habe noch etwas gefunden. Die Erinnerungen daran, wo die Notizbücher mit mir schon überall gewesen sind: Das Zerfledderte war mit mir in Kroatien (Porec), in den Niederlanden (Haarlem, Amsterdam, Schiphol Rijk), Gran Canaria, Kuba. Es ist voller Schmierflecken (ich denke, von Sonnenmilch und Schweiß) und ich habe während der Nutzung öfter den Stift gewechselt. Andere Bücher waren in Polen, Ungarn, Rumänien, in Städten, auf dem Land, an Seeufern und in tiefen Wäldern.

In einem anderen habe ich Spuren von Sand gefunden, Eintrittskarten für eine Party in Havanna, Karten für die Seilbahn der Dachsteinsüdwand, Notizen über Radiosender, Musiker, Telefonnummern neben unleserlichen Namen, Listen mit Speisen, die wir zu Abend hatten, und abgegriffene Visitenkarten mit unleserlichen Notizen auf den Rückseiten. Es sind keine Notizbücher mehr, es sind Geschichtsbücher. Sie sind voller Leben, sie summen und vibrieren.

Anders als Noteapps, haben Notizbücher ein Leben. Sie sammeln es in den Jahren ein, in denen sie befüllt werden, und sie konservieren das Leben zwischen den Seiten, zwischen Buchdeckel und Buchrücken. Solange sie geschlossen sind, haben sie ein geheimes Leben und es offenbart sich, wenn man sie öffnet. Ein Notizbuch zu befüllen ist etwas anderes als Informationen in eine Noteapp zu clippen. Es ist ein Moment des „Ganz bei sich sein“, man schreibt nicht, um sich später zu erinnern, sondern um sich im Moment des Schreibens (Werbeslogan von Fieldnotes) zu erinnern.