Kategorie: Allgemein

  • Das Jahr kippt

    Klicke mich gerade durch ein paar Urlaubsfotos auf Instagram und denke: Irgendwo tanzt immer irgendjemand bis zum Morgengrauen. Ein gut aussehender Influencer postet Urlaubsbilder aus Jalé, Albanien, und das scheint der neue, heiße Scheiß zu sein. Drei Postings vorher war er in Opatia, das ist zwar alter Scheiß, aber immer noch gut, ähnlich wie Piran in Slowenien. Draußen wirft der Wind Regen an die Scheiben; insgesamt tut der frühe Herbst der Seele gut, wie kühle Seide auf erhitzter Haut.

    Ja, es herbstelt leise vor sich hin und das Wetter hatte die frühherbstliche Stille und Qualität, die sich sehr gut mit mildem Kaffee und frisch gezapften Bier verträgt. Die Weiterarbeit an meinem Romanprojekt Im September umkreise ich wie eine Katze eine Schüssel voll heißer Milch. Wie es weitergeht, weiß ich, habe aber wieder einmal das Gefühl, dass die reine Idee an und für sich nicht tragfähig genug ist, um einen Roman zu stützen. Ich vermute, ich erleide gerade wieder einen dieser literarischen Schwächeanfälle, die mich an allem zweifeln lassen. Geht mir eh bei jedem Romanprojekt so. Dabei ist es bei diesem Projekt ein wenig anders: Die Geschichte ist nicht handlungsgetrieben, sondern erkenntnisgetrieben. Es ist das „Wie“: Wie die Erkenntnisse eingefügt und erlebt werden, und was sie bei den beiden Protagonisten bewirken, deren einzige Verbindung die Trauer über den Tod geliebter Menschen ist. Und wie aus diesen Erkenntnissen für die beiden Senioren Lebensfreude wächst. Das mag zwar nur wenig aktionsgesteuert sein, kann aber doch auf sehr schöne Art funktionieren, wenn ich mich dazu durchringen könnte, endlich weiterzuschreiben, ich fauler Sack.

    Die Elias-Trilogie ist fertig, der dritte Band mit dem Titel Du bist der Totem ist nun im Handel erhältlich und ich lade Euch alle ein, den dritten Band zu lesen, wenn Ihr schon Du warst der Plan und Auf dieser Frequenz gelesen habt. Begleitet Elias Mataanoui auf seiner Reise durch Afrika bis ins Nest von Le Fantom. Ich denke, die Trilogie schließt würdig ab und ist wirklich zu Ende erzählt.

    Anmerkung: Für die Coverfotos war ursprünglich angedacht, Fotos von zwei Wiener Influencern zu verwenden, und zwar von zwei durchaus erfolgreichen Burschen namens Stefan und Elias, die für mich als Vorbilder für die beiden Hauptrollen der ersten beiden Romane Pate standen. Ich habe beide kontaktiert und sie darum ersucht, mir zu erlauben, je ein Foto von ihnen für die Umschlaggestaltung nutzen zu dürfen – mit Erklärung, worum es in den Romanen geht und wie groß, bzw. klein die zu erwartende Auflage sein wird.

    Ich habe bis heute von beiden keine Antwort erhalten.

    Bei Richard und mir steht für heuer noch eine Woche in Alicante an. Diesmal mit der Familie. Wieder in einem Privatquartier in der Altstadt, nahe beim Hafen und der Playa Postiguet.

  • Keine Leserunde für „Du bist der Totem“

    Derzeit sieht es so aus, als ob wir keine Leserunde bei https://lovelybooks.com für den dritten Band der Elias-Trilogie einrichten werden. Das tut mir sehr leid. Sollte sich da etwas noch ergeben, werde ich das hier und auf meinem Blueskyprofil bekanntgeben.

  • Ziviler Ungehorsam

    Einer der Gründe, warum ich mich mehr oder weniger aus allen sozialen Medien zurückgezogen habe, ist der von allen Seiten auf mich einwirkende Druck: Sei opportun. Sei erfolgreich. Schreib, wofür man Dir applaudiert. Schreib, wofür Du Likes und Shares erwarten kannst.

    Mein in den Achtzigern gestählter Instinkt, zivilen Ungehorsam zu leben, sagt mir, dass dieser nebulöse Druck widerlich ist. Abartig und das genaue Gegenteil von dem, was ich unter Privatheit zusammenfasse. Deswegen mache ich mich in den sozialen Medien rar. Ich will meine Außenwirkung nicht durch den Drang definieren lassen, gefällig sein zu müssen, nur um geliked zu werden.

  • Die Suche nach Einfachheit

    Wie ich in meinem Beitrag auf Bluesky andeutete, habe ich mein fast einjähriges Experiment mit Linux abgebrochen und habe meine IT-Umgebung zu Hause wieder auf Microsoft umgestellt.

    In der Zeit, in der ich Linux nutzte, baute ich auf Linux Mint, das auf meinem Huawei Matebook 14 aufgesetzt war. Im Vergleich zu den Linuxversionen von 2000 ist das Aufsetzen und Warten von Linux heute beinahe wie ein Flug über ein Rübenfeld, um Star Wars zu bemühen. Ein Punkt, der mich dazu gebracht hat, das Projekt zu beenden: Wenn man auf Linux umsteigt, ist das kein einmaliger Aufwand. Man setzt das System auf, konfiguriert es und arbeitet damit. So ist es nicht.

    Meine Ansprüche an das System waren und sind sehr niederschwellig. Ich benötige einen Browser, ein E-Mail-Programm, ein Fotoprogramm und ein Textverarbeitungsprogramm. Vielleicht einen Zipper. Damit bin ich durch. Ein Hauptmotiv für mich, auf Linux zu setzen, war immer die Datensicherheit. Nur habe ich mich von den Datenschutzspezialisten, die in den diversen Medien die Trommel rühren für FOSS, ins Boxhorn jagen lassen.

    Für alle, die informative Blogs zum Thema Sicherheit und Privacy verfassen, scheint es eine unumstößliche Tatsache zu sein, dass man sich von den Datenkraken fernhalten, und auf Lösungen aus der EU bauen soll. Diese Prämisse trage ich auch gerne mit, wenn zum Beispiel durchdachte Lösungen, wie die dPhoenixSuite für den Privatbenutzer leichter zugänglich wären. Oder Opencloud aus der Heinleingruppe auch für Privatuser zugänglich gemacht wird. Aber so ist das Leben und Arbeiten auf linuxbasierten Systemen immer auch mit dem Beigeschmack des „Bastlerhits“ behaftet. Man kann sich das natürlich schönreden und sagen: Ja, so lerne ich auch, wie es im System aussieht und wie man damit umgeht. Das blendet aber auch aus, dass manche Menschen ein Auto kaufen, um einfach damit von A nach B zu fahren und nicht in der Hoffnung, so bald wie möglich die Motorhaube zu öffnen und in den Eingeweiden herumzuschrauben.

    Ich meine, ich wollte auf Linux zB mit Softmaker Office schreiben, weil dieses Programm noch am besten von allen Officeprogrammen, die für Linux zur Verfügung stehen, mit dem Microsoft Format umgehen kann. Und um eben Softmaker Office zu installieren, muss man in die Bash und dort folgende Kommandos absetzen:

    sudo -i
    mkdir -p /etc/apt/keyrings
    wget -qO- https://shop.softmaker.com/repo/linux-repo-public.key | gpg --dearmor > /etc/apt/keyrings/softmaker.gpg
    echo „deb [signed-by=/etc/apt/keyrings/softmaker.gpg] https://shop.softmaker.com/repo/apt stable non-free" > /etc/apt/sources.list.d/softmaker.list
    apt update
    apt install softmaker-office-nx

    Noch einmal: Ich will kein Linuxspezialist werden. Ich will Romane schreiben. Dann etwas anderes. Der Fingerprintsensor im Laptop wird unter Linux nicht erkannt. Unter Windows hat er funktioniert. In den diversen Linuxforen gibt es dazu nur ein lapidares Schulterzucken oder jemand prügelt dich mit seinem Fachwissen nieder (ohne dabei zu helfen) oder man liest Antworten wie: „Dann schreib Dir doch selbst einen Treiber. Ist doch keine Raketenwissenschaft!“

    Touchscreen des Laptops wurde auch nicht erkannt. Erwähnte ich das schon? Auch dafür gibt es keine Treiber.

    Dann kam die Episode, als ich meinem Verleger das auf LibreOffice verfasste Manuskript zum 3. Teil der Elias-Trilogie schickte. Kurz: Es war ein Graus. Formatänderungen, plötzlich eingefärbte Textstellen (weil bei der Überarbeitung Formateinstellungen geändert wurden … Furchtbar.

    Da ich ohnehin eine Lizenz für Microsoft Office 2024 LTSC habe und eine für Windows 11 Professional, habe ich mich dazu entschlossen, die Insel der Sicherheitsprediger zu verlassen. Das Hauptaugenmerk der Sicherheitsspezialisten, die auf IT-Lösungen aus der EU drängen, ist, dass die Daten in den Datensilos der US-Betriebe nicht sicher sind. Nicht mehr, da die USA verdrießlicherweise ihre Zuverlässigkeit dem wirren Treiben ihres erratisch handelnden Präsidenten untergeordnet haben. Das brachte mich dazu, einmal mehr darüber nachzudenken, durch wen eigentlich wirklich meine Daten gefährdet sind. Die Regierung der USA ist es nicht und es sind auch höchstwahrscheinlich keine russischen Hacker. Die größte Gefahr für meine Daten geht von mir selbst aus. Von meiner Schlamperei, gepaart mit meinem manchmal fatalistischen Herangehen, wenn ich gerade mal wieder eine Solution wechsle und wieder einmal Dateien lösche, in der irrigen Annahme, ich hätte sie schon in die neue Cloud synchronisiert. So ein Scheiß aber auch.

    Mit MS Office 2024 LTSC ist sichergestellt, dass keine KI-Funktionen mitspielen. Und wenn man Win 11 mit einem lokalen Benutzer aufsetzt und sich der Freeware O&O-Tools bedient und Kuketz mit Vorsicht genießt (manche seiner Anleitungen sind frickelig), kann man als „Poweruser“ schon gut mit Windows auskommen. Der Anreiz, Linux zu benutzen, ist nach einer anfänglichen Begeisterung für das Neue einfach nicht wirksam genug, um mich bei Linux zu halten.

    Ja, ich gebe es zu, ich bin kein Heimwerker-King, der sich sofort und mit Leidenschaft in den Konfigurationskampf wirft. Ich zahle lieber einen Fachmann und lasse richten oder kaufe Produkte so, dass ich sie nutzen kann, wie ich sie nutzen will, ohne erst lernen zu müssen, wie das alles funktioniert.

    Das Gefühl, einer von den „Eingeweihten“ zu sein, die eine ganz individuelle Lösung zusammengestellt haben, wiegt für mich nicht schwerer als die beschauliche Einfachheit eines Tools, das ich einfach dazu nutzen kann, wozu es gemacht wurde. Und da haben so ziemlich alle FOSS-Lösungen noch einen weiten Weg zu gehen.

  • Rückkehr nach Montaione

    In meinem neuen Romanprojekt kehre ich nach Montaione zurück, das in meinem Roman Der Sturmgondoliere der Ort der Handlung war. Wir werden vielleicht wieder Julia treffen, die als junges Mädchen in einen Geist verliebt war, der Paolo hieß. Und auf Samuele, der auch noch als Erwachsener immer wieder zu den Ruinen eines niedergebrannten Weinguts geht und sich dort unerklärlich traurig fühlt. Und wir werden ein wenig mehr über diesen aus der Zeit gefallenen Ort erfahren, in dem es kaum Internet gibt, wo es geflüsterte Geheimnisse gibt und Gewitterwolken, die wie Geister aussehen …

  • Fortschritte

    Manchmal muss man ein Manuskript nur mal ein wenig ruhen lassen. Dann ergibt sich oft wie von selbst ein Weg, wie weitererzählt werden kann.
    Im Roman „Im September“ will ich ja die Geschichte eines 75-jährigen Mannes erzählen, der nach dem Tod seines Langzeitpartners nach fünfzig Jahren Ehelebens versucht, nicht im Sumpf aus Einsamkeit und Trauer zu versinken und eine Reise unternimmt. Mein Vorhaben ist, den ersten Teil des Buches als Drama zu erzählen und dann langsam die Handlung in eine Komödie überzuleiten. Was mir dazu fehlte, war ein Initialzünder, und den habe ich in den letzten Tagen entwickelt und weitergeschrieben. Gestern habe ich abends rund 10 Seiten geschrieben und es geht gut voran. Ich halte wenig von Screwballhumor, werde aber Elemente daraus einfließen lassen, wenn mein Hauptcharakter Frank zwei jugendliche Ausreißer aufgabelt und sich bereit erklärt, diese zu ihrem Großvater zu bringen. Doch die Zwillinge Mattia und Samuele haben es faustdick hinter den Ohren und werden das Leben von Frank, dem Hauptcharakter, ganz ordentlich durcheinander wirbeln. Ich denke, es wird eine sehr schöne Geschichte und ganz anders, als meine früheren Romane …

  • Bluesky

    Ich habe eben mein Bluesky-Profil deaktiviert (nicht gelöscht), um es mal ruhen zu lassen. Es gibt dort zwar keine rechten Kampfgeschwader (nicht, dass ich wüsste), dafür aber gibt es formal linke Kampfposter, mit denen zu diskutieren sehr mühsam ist.

    Vor allem aber beabsichtige ich mich zumindest eine Weile zurückzuziehen, weil ich nicht den Eindruck habe, etwas Essenzielles beitragen zu können – egal zu welchem Thema.

    Quick Updates kann ich auch hier liefern.

  • Die panische Angst vor der Bargeldabschaffung

    Warum es keine Bargeldabschaffung gibt

    In meinem Bekanntenkreis, unter Freunden und in der Familie kommt hin & wieder das Thema hoch, dass das Bargeld abgeschafft würde. Und ich bekomme jedes Mal Sodbrennen und Stresspustel, weil mich dieser Unsinn aufregt. Vor allem, weil es nicht einmal Indizien dazu gibt, dass jemand, der wirklich etwas zu sagen haben könnte, derartige Überlegungen anstellt. Strategiepapiere werte ich diesbezüglich wie Powerpointfolien von Accenture: Gar nicht.

    Also sammle ich hier mal alle Argumente von denen ein, die behaupten, es werde das Bargeld abgeschafft, sehe mir ein paar Argumente von denen an, die das auch in den Raum stellen und aus der Finanz kommen, und stelle dann meine Argumente dagegen.

    Das Bargeld wird abgeschafft

    1. weil der Staat die Individualität des Bürgers untergraben möchte
    2. um das Leben der Bürger durch alleinige Verwendung der Giralgelder transparent zu machen.
    3. um Kontrolle über die Giralgelder der Bürger zu bekommen, um im Notfall darauf zugreifen zu können – also Enteignung
    4. weil die Alternativen verführerisch, modisch und einfach sind.
    5. weil die Herstellung, Verteilung und Lagerung Geld kostet.
    6. weil die Eliten es so wollen.

    Die Argumente der Leute, die die Abschaffung des Bargeldes befürchten und prophezeien, beruhen auf dem Unwohlsein des kleinen Bürgers gegenüber dem allmächtigen Staat, auf der Befürchtung, in den Bürgerrechten eingeschränkt zu werden, und auf der Angst, das Wohlverdiente nicht kontrollieren zu können, dass aus etwas Greifbaren etwas Unfassliches wird.
    Die Argumente derjenigen, denen man ein bisschen Hintergrundwissen zutrauen sollte, zielen auf Eigennutz ab (Wenn der Manager einer Kreditkartenfirma das Ende des Bargeldes anstimmt, dann ist das für mich wie das Klappern mit der Schere beim Friseur). Sagt es ein Tausendsassa wie der Dr. Tassilo Wallentin, dann verorte ich in der Aussage, das Bargeld würde abgeschafft, die Erfüllung eines Leserwillens, er füttert die Leser der Kronenzeitung mit dem, was sie lesen wollen, er dient sich dem Leserwillen an und zementiert die Befürchtungen seiner Leserschaft durch seinen wohlklingenden Döblinger Nationalismus ein.


    Der Satz, die Behauptung, dass das Bargeld abgeschafft wird, steht seltsam nebulös im Raum und jedes Mal, wenn ich versucht bin, mich auf diese Luftdebatte einzulassen, drängen sich ein paar Fragen auf, die die Propheten der Bargeldabschaffung in den seltensten Fällen auch nur ansatzweise beantworten können und wollen:

    1. Welches Bargeld wird abgeschafft?
    2. Wo wird das Bargeld abgeschafft?
    3. Wird es weltweit abgeschafft?
    4. Wenn es nur in einem Land abgeschafft wird, wie verhindert man, ohne sich in eine Diktatur zu verwandeln, die Nutzung anderer Bargeldwährungen?
    5. Wenn Bargeld abgeschafft wird, was geschieht mit dem im Umlauf befindlichen Geld? Im In- und Ausland?

    Faktische Argumente gegen die Bargeldabschaffung

    1. Das als Euro ausgegebene Bargeld ist im Eurosystemraum das einzige gesetzliche Zahlungsmittel, das schuldbefreiend wirkt. Die Ausgabe des Bargeldes wird in den Büchern der EZB auf der SOLL-Seite verbucht, somit stellt die Inhaberschaft eine Forderung gegenüber der EZB dar.
    2. In § 1 Eurogesetz ist festgehalten, dass auf Euro lautende Banknoten und auf Euro und Cent lautende Münzen in Österreich gesetzliche Zahlungsmittel sind. Weiters findet sich in § 61 Nationalbankgesetz (NBG) die Bestimmung, dass die von der Österreichischen Nationalbank, der EZB und von den anderen nationalen Zentralbanken der Mitgliedsstaaten des Euroraumes ausgegebenen, auf Euro lautende Banknoten gesetzliche Zahlungsmittel sind.
    3. Das als Euro im Eurosystemraum ausgegebene Bargeld als alleinig gesetzliches Zahlungsmittel ist im Vertrag über die Arbeitsweise der EU im Artikel 128 festgeschrieben. An diesem Vertrag über die Arbeitsweise der EU hängen unzählige andere EU-Vertragswerte. Würde man den Vertrag über die Arbeitsweise der EU ändern, in dem man etwa den Absatz 128 streicht, müssten sämtliche auf diesen Vertrag referenzierenden Verträge neu verhandelt werden.
    4. Der Vertrag über die Arbeitsweise der EU ist ein Vertrag im Rang eines völkerrechtlichen Vertrags.
    5. Das als Euro ausgegebene Bargeld im Eurosystemraum als einzig gesetzliches Zahlungsmittel ist überdies in allen Mitgliedsstaaten des Eurosystemraums im jeweiligen Bundesbankengesetz verankert. Meines Wissens braucht es im jeweiligen Parlament eine Zweidrittelmehrheit, um ein Bundesgesetz zu ändern. Und damit wäre nur das Bundesgesetz eines Landes geändert.
    6. Die Abschaffung des Bargeldes wäre somit die Abschaffung der EU.
    7. Die Abschaffung einer bestimmten Stückelung des Bargeldes ist kein Indiz für die Abschaffung des Bargeldes an und für sich. Die Stückelung des Bargeldes obliegt der EZB (zumindest im Eurosystemraum)

    Die Gründe, die gegen eine Abschaffung des Bargeldes sprechen

    1. Es geht nicht. Solange Bargeld im Umlauf ist, wird Bargeld benutzt. Kommt kein neues Bargeld nach, wird das im Umlauf befindliche Bargeld im Wert steigen. Das kann keine Regierung wollen, dass ein nicht von ihnen kontrolliertes Zahlungsmittel stetig an Wert gewinnt.
    2. Bargeldabschaffung in einem Land oder in einem isolierten Wirtschaftsraum hat keinen Sinn, solange es weltweit weiterhin Bargeld gibt. Eine Bargeldabschaffung könnte grundsätzlich nur dann funktionieren, wenn man sie über Nacht weltweit durchpeitscht.
    3. Eine schwache oder nicht vorhandene Bargeldwährung führt mehr oder weniger direkt zur Etablierung einer Schattenwährung. Das ließe sich nur unterbinden, indem das Bargeld weltweit abgeschafft wird. Doch …
    4. … Geld ist, was die Funktion von Geld einnimmt. Wenn die Menschen eines Landes weiterhin auf vereinbarte Werte vertrauen wollen (und Bargeld ist ein vereinbarter Wert), dann werden sie Mittel & Wege finden, weiterhin Bargeld zu nutzen
    5. Wenn es Eliten auf der Welt gibt, die in der Lage sind, Regierungen zu beeinflussen, ja, sogar Bargeld abzuschaffen: Warum gibt es auf der Welt kein einziges Land, in dem das Bargeld bisher erfolgreich abgeschafft wurde? Ach pfeif auf erfolgreich: überhaupt abgeschafft wurde?
    6. Mit der Herstellung, Ausgabe, Lagerung und Verwaltung von Bargeld wird ein enormer Umsatz gemacht. Allein die EZB hat durch die Erzeugung, Lagerung und Verteilung von Bargeld Einnahmen von rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

    Weiterführende Literatur zum Thema

  • Schreiben in Cafes

    Man sagt, das Schreiben ist ein einsamer Job. Das wird der Grund sein, warum es so viele Menschen gibt, die schreiben wollen, ohne Geschichten erzählen zu können. Das Schreiben als eine Tätigkeit, um sich zu isolieren, die Tür hinter sich schließen. Auch eine Möglichkeit, Leckt mich am Arsch zu sagen. Oder: Schreiben an und für sich ist schon reiner Eskapismus.

    Abgesehen davon ist das Leben als Schriftsteller nicht wirklich berührt von der Einsamkeit des Schreibens. Stephen King liebt Grillabende mit der Familie, betreibt einen Radiosender und hat eine Baseballmannschaft. Hemingway hockte in der Bar La Terrazzas in Cojimar auf Kuba und soff dort mit den Fischern. Schriftsteller sind Plaudertaschen – oder sie waren das zumindest mal. Ich will nicht mit dem öden „Aber früher war alles besser“ kommen, aber irgendwie … früher war alles besser.
    Zumindest trafen sich Schriftsteller manchmal oder regelmäßig in Cafés und plauderten. Heute lässt sich das berührungsfrei in Webforen wie im Deutschen Schriftstellerforum oder über Twitter erledigen.

    Ich sollte nicht jammern, denn ich bin selbst schuld. Ein befreundeter Schriftsteller, Thomas Mühlfellner, bot mir die Gelegenheit, mich einer Runde von Schriftstellern aus Wien anzuschließen, und ich war auch zweimal bei Treffen dabei, die ganz freundlich waren. Irgendwie habe ich das trotzdem versemmelt. Mir ging es dort auch zu viel um den administrativen Scheiß wie Verträge, Marketing, Rezensionen, und mich störte der unverhohlene Neid, der in der Betonung eines Wortes in der Frage gipfelte: „Wie kommst Du an eine Rezension im Standard?“ Und ich so: Ja nicht nur eine. Vier.“ Ja, da war das dann durch, das Thema. Die Kollegin redete dann nicht mehr mit mir. Dabei hatte mir Thomas Ihr Werk so ans Herz gelegt. Das mag ja auch wirklich gut sein, und ich bin ja auch nicht kleinlich, aber will ich ein Buch von jemandem lesen, der mich derart von oben herab abkanzelt? Nö. Gibt genug hervorragende Bücher von anderen Schriftstellern.

    Jedenfalls war es das zwischen Schreiben und mir und Leben in Cafés. Ich hätte sehr gerne öfter mit literaturinteressieren Menschen über das Schreiben an und für sich geplaudert. Oder in Cafés geschrieben. Okay, das habe ich schon. Durchgeschwitzt in einen fettigen, dreckigen Moleskine im Hotel El Presidente in Havanna. Es war ein tolles Lebensgefühl. In der Hotelhalle ohne Klimaanlage, durch die eine angenehme Brise wehte, weil alle Türen offen waren, saß mir eine elegante Dame an einem anderen Tisch gegenüber, die ebenfalls schrieb. Wir sahen uns kurz an: Sie, elegant, damenhaft, kühl, und ich, gerade vom Strand gekommen, unrasiert, dunkelbraun und verschwitzt. Sie hatte auch ein Notizbuch vor sich, in dem sie schrieb. Wir nickten uns zu, lächelten und widmeten uns wieder unseren Zeilen & Erinnerungen.

  • Fritz the cat

    Das ist zwar ein Surfer auf Gran Canaria am Strand von Las Palmas, aber die Ähnlichkeit mit Fritz ist überwältigend …

    Sommer 1980

    Wenn es je einen Jungen gab, der den Spitznamen „Fritz the cat“ verdient hatte, dann Fritz Kling. Ich lernte ihn im Sommer 1980 am Rande des Fußballfeldes von Biedermannsdorf kennen, wo er im Schatten alter Bäume saß und in der hohlen Hand rauchte. Da war er dreizehn Jahre alt, ich war gerade 15. Obwohl ich damals noch nichts vom Geschichtenschreiben wusste, oder davon, wie man Musik macht, obwohl ich damals mehr reaktiv war als besonnen, löste er in mir den Wunsch auf, meine Gedanken und Gefühle ihm gegenüber festzuhalten. Was mir neben seiner beinahe engelhaften Schönheit besonders intensiv auffiel, war seine Ernsthaftigkeit in allem, was er tat, plante, vorhatte und empfand. Fritz blödelte gerne, er war närrisch und lebendig wie ein Blitzschlag. Aber wenn es um Dinge ging, die außerhalb des Jux & Tollerei-Rahmens lagen, zeigte er eine vertrauliche Ernsthaftigkeit, die mir fremd war und die mich ganz tief und ehrlich ansprach. Ich mochte ihn und ich wollte, dass er mich mochte. Was ihm besser gelang als mir selbst, war, durch meine Schutzmauer zu blicken und das zu sehen, was ich wirklich war: ein schlaksiger, verletzlicher Träumer und Narr. Einer, der unsicher war und neu im Ort. Ein Außenseiter, wenn es je einen gegeben hat.

    Er nahm mich an und seine Freundschaft war ebenso unaufdringlich wie still und ernst. Und aufrichtig.

    Yilmaz und Fritz the cat

    Yilmaz war ein fünfzehnjähriger Junge, der Haare auf der Brust hatte und sich rasierte, weil er nicht mit einem Vollbart herumrennen wollte. Er und Fritz trieben sich eigentlich immer im Freien herum. Sie hatten kein Geld für Lokalbesuche oder um beim Greißler des Ortes Bier zu kaufen. Sie kratzten ihr Taschengeld zusammen und kauften sich Zigaretten: HobbySmart ExportFlirt. Das Billigste vom Billigen. Sie waren aus der Not heraus reine Naturburschen geworden, und als ich mich ihnen anschloss, ging das von einem Tag auf den anderen und völlig unprätentiös: Am Tag zuvor war ich noch allein und fand mich nicht zurecht, am nächsten hatte ich Freunde. Wir zogen über die Felder, halfen Fischern bei den Vösendorfer Ziegelteichen und verdienten uns so ein wenig Taschengeld dazu, mit dem wir Bier kauften. Damit zogen wir uns in eine der Jägerhochstämme zwischen Biedermannsdorf und Achau zurück, kappselten die Bierflaschen auf, rauchten Zigaretten, und redeten oder schwiegen. Das war unser Geruch: Rauch von Lagerfeuer, gegrillte Maiskolben, Zigaretten und unendlich viel frische Luft.

    Sie zeigten mir, wie man auf einen der alten Betonsilo klettern konnte, um dort oben unbeobachtet zu rauchen, wie man Biedermannsdorf auf den Feldwegen umrunden konnte, wo im wilden Unterholz beim Teich einmal ein sterbender Wolf gefunden worden war (was ich für eine Legende hielt). Sie zeigten mir im Waldstück zwischen Biedermannsdorf und Wiener Neudorf das alte, lange Seil, an dem man sich über das ausgetrocknete Bachbett schwingen konnte. Ich lud sie zu mir ein und meine Eltern machten verschnupfte Nasenlöcher, weil sie die Jungs irgendwie „gefährlich“ fanden. Wildlinge wie mein Vater sie nannte. Nach einer Weile akzeptierten sie die beiden – vor allem wohl deshalb, weil wir genau genommen nichts anstellten, nichts wirklich Blödes. Wenn wir Geld hatten, gingen wir zu einem der drei Heurigen, die es im Ort gab, und tranken Ribislwein, und wer den schon mal getrunken hat, weiß, wie das Zeug einfahren kann. Betrunken zu werden, war Anfang der Achtziger eine ziemlich billige Angelegenheit.

    Fritz lebte allein mit seiner Mutter, sein älterer Bruder war im Gefängnis. Seine Mutter erschien mir immer abweisend, hart und lieblos. Yilmaz wohnte mit seiner Familie in einem Anbau des Borromäums. Sehr beengte Räumlichkeiten, große Familie, eine traurige Mutter und ein Vater, der mit der Couch verwachsen war. Wir waren, lange bevor es so etwas im Kino gab, verlorene Jungs. Verlierer. Und deshalb war es so wichtig, dass wir einander hatten.

    Der Schatten geheimer Träume

    Fritz war älter als sein Taufschein es vermuten ließ. Er war 1981 vierzehn Jahre alt und auf eine ziemlich wilde Art & Weise hübsch. Er war muskulös und graziös wie ein Raubtier. Und er war sich dessen kein bisschen bewusst. Mich wunderte immer wieder, wie vollkommen uneitel er war und wie ihm eine Rangelei unter Freunden wichtiger sein konnte, als einfach nur statuenhaft schön zu sein. Ich erklärte mir das damit, dass Fritz entweder (noch) nichts von Sex wusste, oder vollkommen heterosexuell war und einfach noch nicht so weit, die Verbindung herzustellen zwischen äußerlicher Attraktion und der Suche nach sinnlicher Nähe.

    Ich war um zwei Jahre älter und ich verdrängte die Träume, ihm nahe zu sein, wann immer sie auftauchten, und es war mir fast eine Erleichterung, als sich meine sexuelle Aufmerksamkeit im Sommer 81 auf Walter Kroboth bündelte wie ein Lichtstrahl. So konnte ich weiter mit Fritz auf den Feldwegen herumziehen, um die Wette zu rülpsen oder einfach nur die Nähe zu genießen. Er roch sogar im Winter immer irgendwie nach Sommer. Nach Heu und Feldern und nach Regen, nach Lagerfeuer. Ihm haftete auch dieser süße Naturwassergeruch an, wie Wassermelone. Damals nahm ich das nicht wahr, aber ich denke doch, dass Fritz und Yilmaz gekränkt waren, als ich immer öfter versuchte, Teil der Clique zu werden, zu der auch Walter Kroboth gehörte, weil er mich unwiderstehlich mit seiner erotischen Schwerkraft anzog. So dachte ich damals nicht. Ich handelte nur, suchte Walters Nähe und malte mir aus, wie es wäre, ihn zu küssen und ihm zwischen die Beine zu greifen und zu spüren, wie er hart wurde. Teenagerträume. Auf irgendeiner Ebene verstand Fritz sehr gut, was mit mir los war, aber er machte nie ein Thema daraus.

    Als wir einmal bei einem Treffen der Pfarrjugend dabei waren und eingeladen wurden, uns bei einem Gemeinschaftsspiel zu beteiligen, stellten wir fest, dass wir beide aneinander dasselbe mochten: Keiner von uns beiden machte sich je über andere Menschen lustig. Wir verspotteten niemanden. Wir waren jugendliche Pragmatiker, könnte man sagen. Wie viele andere Jugendliche, die in kleinen Ortschaften aufwuchsen oder ihre Teenagerjahre dort verbrachten, hatten wir nicht viel zu tun. Deshalb erinnere ich mich jetzt ganz besonders deutlich, was uns in dieser Zeit, in diesem Jahr, bevor Sex, Mädchen, Lehrberuf und erste Träume vom eigenen Auto wichtig wurden, erfüllte. Es war die Nähe, die nichts verlangte und alles gab. Es war die Selbstverständlichkeit, dass wir da waren, die Vertrautheit, mit der wir den Atem des anderen kannten, das Herzpochen und den Geruch vom Schweiß, den Geruch der Kleidung. Wir waren uns vollkommen vertraut – nach kürzester Zeit ineinander verschränkt wie zwei Bäume auf einem einsamen Feld, die ineinander verwachsen sind.

    Wie ein hingekritzeltes Fragezeichen

    Ich glaube, es war im Sommer 1983, da zog Fritz mit seiner Mutter aus Biedermannsorf weg in das Bundesland Burgenland. Im Herbst desselben Jahres wurde der Anbau des Borromäums geschliffen, in dem Yilmaz mit seiner Familie gelebt hatte, und sie zogen nach Wien. Ich stand auf einmal allein da, ich meine, so richtig allein. In den vergangenen zwei Jahren hatte ich auch andere Jugendliche in Biedermannsdorf kennengelernt, mit denen ich mich gut verstand. Da gab es sozusagen eine andere Außenseiterclique, auch irgendwie verlorene Jungs, und gleichzeitig machte ich meine ersten Gehversuche in der elektronischen Musik. Ich hatte um mein erspartes Lehrgeld Synthesizer gekauft und einen Drumcomputer und ein Hallgerät und wir probten in der Nachbargemeinde Achau im Keller eines Familienhauses, wo wir während der Sessions, in denen wir den Stil von Klaus Schulze und Tangerine Dream kopierten, wie die Weltmeister kifften. Das waren damals Klaus Giwiser, Reinhold Atlas und ich. Ich nahm beim jungen Kirchenorganisten Unterricht in Spieltechnik, Komposition und Harmonienlehre und stellte mich dabei nicht ganz dumm an. Das alles hielt mich auf Trab und wenn ich in den Nächten im frühen Herbst von der Probe von der Achau nach Biedermannsdorf unter dem vollen Mond nach Hause ging, wünschte ich mir mit schmerzlicher Intensität Fritz und Yilmaz zurück, die wie Schiffe in der Nacht davongetrieben waren. Ich sang mit meiner krächzenden, vom Kiffen schiefen Stimme „Be my friend“ und manchmal blieb ich stehen, schlug die Hände vors Gesicht, kauerte mich in den Straßengraben, damit mich niemand sehen konnte und heulte. Eh nur wegen der Kifferei, klar?

    Das Fundament meiner Ideale

    Walter Kroboth war die erste Liebe meines Lebens und die erste herbe Enttäuschung. Fritz aber war für mich das Fundament, auf dem ich meine Ideale für Freundschaft errichtete. Niemand konnte so viel geben wie er, ohne sich dabei wie einer zu benehmen, der gab. Er war einfach da. Er war immer vollkommen da. Und deswegen wird mich die Erinnerung an ihn mein Leben lang begleiten.

    Er hat mich geprägt.