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  • Warum ich zu Onlyoffice wechsle

    Die Themen

    Wenn man von Schriftstellerei spricht und schreibt, sich darüber informiert, geht es um ein paar große Themen:

    • Wie schreibe ich einen guten Roman?
      • Stil, literarische Methoden, Erzähltechniken, Sprache
    • Wie finde ich einen Verlag, wie veröffentliche ich und:
      • Wie möchte ich in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden?
    • Womit schreibe ich?

    Heute möchte ich mich mit dem dritten Thema befassen. Nämlich, womit man schreibt.

    AutorenApps

    Meines Wissens hat Ernest Hemingway den Großteil seiner Romane und Kurzgeschichten in einem Hotelzimmer des Ambos Mundos in Havanna geschrieben, und in seiner Finca Vigia in Santa Maria de Paula, ebenfalls in Havanna – mit der Hand auf lose Blätter. Stephen King schreibt auf Microsoft Word auf einem Mac, Neil Gaiman schreibt seine Erstentwürfe mit einer Füllfeder in Leuchtturm1917 Notizbücher und dann erst mit LibreOffice, Andreas Eschbach nutzt Papyrus. Manche Drehbuchautoren nutzen scheinbar gerne Scrivener.

    Ich habe im Laufe der Zeit folgende Schreibprogramme genutzt, um meine Romane und Kurzgeschichten zu schreiben:

    All diese Programme versprechen, den Autor in seiner Arbeit zu unterstützen und geben Module und Tools an die Hand, um den organisatorischen Teil der Autorenarbeit zu vereinfachen. Das Versprechen ist vollmundig und klingt gut, wirft aber bei näherer Betrachtung ein paar Fragen auf. Unter anderem auch, warum die dilettantischsten und stümperhaftesten Romane von öffentlichchkeitsgeilen Self-Publishern mit den teuersten Autorenapps verfasst werden (Papyrus, Scrivener), während Meisterwerke wie die von Gabriel García Márquez, Ernest Hemingway oder Neil Gaiman ohne all diese Tools und Gizmos verfasst wurden und werden? Wieso konnte sich die Überzeugung verbreiten, Profis würden mit solchen Apps arbeiten? Dasselbe gilt für Notizapps. Je komplexer und mehr Funktionen, desto besser. Dachte ich auch eine Zeit lange. Heute mag ich es einfach und effektiv.

    Onlyoffice

    Nachdem ich vor einiger Zeit von Windows 11 auf Linux Mint umgestiegen bin und mich Schritt für Schritt aus dem Krakengriff US-amerikanischer Dienstanbieter befreite (Mailprovider, Browser, Suchmaschine, OS, Office) und auf Linux einige dieser Programme nicht, oder wenn, dann nur unter WINE laufen, habe ich den letzten Roman (Auf dieser Frequenz) mit LibreOffice geschrieben und den letzten unveröffentlichten Roman (Du bist der Totem) mit ONLYOFFICE. Und ich schätze, ich werde bei ONLYOFFICE schreiben. Aus folgenden Gründen:

    • Es ist vollkommen kompatibel mit MS Office, was mir den Manuskriptaustausch mit dem Verlag erleichtert
    • Es ist unaufdringlich, gut designt, hat die Funktionen, die ich brauche, und zumindest eine, die die anderen nicht haben: Man kann unterschiedliche Module von ONLYOFFICE in Tabs nebeneinander öffnen. Das heißt, ich habe zB in einem Tab das Manuskript offen, in einem zweiten die Kurznotizen und im dritten ein Excelsheet mit der Liste der wichtigsten Charaktere und deren Eigenschaften.
    • Mit der Version 9 von ONLYOFFICE wurde auch die GUI überarbeitet und ist angenehm fürs Auge, wenn man Funktionen braucht und unaufdringlich, wenn man sich aufs Schreiben konzentrieren will.
    • Mir am wichtigsten: Das Programm steht mir nicht im Weg, wenn ich schreiben will, es drängt mit keine Funktionen auf, die ich nicht brauche, und bittet mich nicht ständig, mich mit ihm zu befassen, um doch bitte wirklich alle Funktionen zu kennen und nutzen zu können
    • Das Programm ist Open Source und auf Github einsehbar, der Hauptsitz des Unternehmens ist in Riga, Lettland
    • Man kann es auf Linux als SNAP oder AppImage nutzen.

    Einziger Minuspunkt, den ich schon öfter eingeworfen habe: Die Implementation von Language Tool als Add-On ist bestenfalls halbherzig.

    Herangehensweise

    Wenn ich zu schreiben beginne, war ich mit der Geschichte meistens schon zwei oder drei Monate sozusagen schwanger. Ich mache mir in Notizbüchern handschriftliche Notizen, meistens Szenen, Sketches, Kritzeleien, Kapitelnamen und Schlussfolgerungen. Das ist noch nicht wirklich produktiv, es ist ein Herumspielen mit Ideen.

    Dann beginne ich, die Schreibarbeit vorzubereiten. Dazu lege ich in der Cloud unter „Projekte“ einen neuen Ordner an und in diesen neuen Ordner kommen ein paar Unterordner. Meistens folgende:

    • Manuskript (Da kommt das Manuskript rein)
    • Archiv (Alte Versionen, andere Formate, Schnippsel)
    • Notizen (Eschbachs Methode. Zwei Dateien
      • Muss noch geschehen
      • Beim Überarbeiten beachten)
    • Für die Veröffentlichung (Was bisher geschah, Klappentext, Buchbeschreibung, Expose, Pitch)
    • Bilder (inspirierende Fotos von Orten und Menschen)

    Auswahlkriterium

    Am Anfang dachte ich, ich brauche eine Software, die alles kann. Einfach alles! Je länger ich schreibe, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass die Software, mit der ich schreibe, am besten transparent ist und mich direkt auf die Geschichte sehen lässt. Sie soll keinesfalls zwischen mir und dem Text stehen. Ich brauche nicht alle Funktionen, ich brauche nur die, die ich für meine Arbeit brauche. MS Office kann viel zu viel, LibreOffice ist überladen. Den vielen , zum Teil modularen Funktionen von Papyrus und Scrivener kann ich nichts mehr abgewinnen, weil sie mich eher vom Schreiben abhalten und verleiten, mit ihnen zu spielen. Der Funktionsumfang von ONLYOFFICE ist auch für Teamarbeit geeignet und für den Einsatz in Büros, es ist aber auch leichtfüßig und agil für Schriftsteller wie mich, die Romane schreiben, die bis zu 500 Seiten Umfang haben. Damit kommen die Desktopversionen locker klar.

    Was ich also von einer Schreibsoftware erwarte, ist:

    • Sei mir nicht im Weg
    • Sei unaufdringlich
    • Mach keine Mätzchen
    • Ermögliche einfachen Austausch mit dem Verlag
    • Sei schnell
    • Und hübsch darfst Du auch sein 🙂

    Ich habe nun ONLYOFFICE als Snap auf Linux Mint installiert und benutze die Onlineversion von ONLYOFFICE, die mein Cloudanbieter implementiert hat. ONLYOFFICE kommt zwar mit einem eigenen DocSpace daher, den man als Einzelperson gratis nutzen kann. Den benutze ich allerdings nicht, weil ich meine Dateien nicht auf unterschiedlichen Clouds einlagern will. Damit werde ich mich in den nächsten Tagen und Wochen befassen. Und ONLYOFFICE ist gratis.

    Bitte an die ONLYOFFICE Entwickler: Überarbeitet das Languagetool Plugin. Das ist so, wie es jetzt implementiert ist, nicht zu verwenden.