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  • Stricherelegie

    Schlussendlich bist Du es Leid allein zu sein und wappnest Dich für das Leben, das Du plötzlich in Dich dringen lassen willst. Du atmest mich an, während Du mir sagst, allein sein ist cool, aber cool sein ist nicht alles. Dein Atem riecht nach Minze, gut: Die Stadtgeräusche sind zwischen Dir und
    mir, das Licht der Welt ist ebenda und irgendwo bellt ein aufgeregter Hund.
    Du senkst den Blick und denkst nach, ich schenke Wodka in die Pappbecher – Die Stadtgeräusche sind zu laut für uns, und wir gehen weiter hinaus zur Donau und nicht ins „Flex“, wie wir ursprünglich vorhatten.
    Du willst mit mir über Einsamkeit reden, und ich nehme Dich, ich nehme Dich beim Wort.


    Denn Dein Wort ist mir heiliger als Du denkst Du clevere, kleine Hure. Gestern fühlten wir uns müde, Du & ich und das Gespräch kam nicht in Gang. Ich weiß, Du wolltest etwas Wichtiges sagen, es brannte Dir auf den Nägeln, aber: Zwischen den Worten und unter dem gleichgültigen Mond, auf der Promenade am Donaukanal bist Du in meinen Armen eingeschlafen und ich habe Dich aufrichtig geliebt – wie schön Du warst im Zwielicht der Stadt, wie unschuldig für den Moment.
    Heute sind wir in der Dämmerung raus aus der hitzeschwangeren Innenstadt und durch den zweiten Bezirk über die Donau, um allein zu sein, zu rauchen, zu reden und vielleicht eine Chance aus dem Diamantenstaub des nächtlichen Himmels zu schütteln.
    Ich werde Dich heute Nacht nicht mit Geschwurbel langweilen und auch nicht mit Vorschlägen, wo wir junge Türken finden können, die sich billig geben, von Stricher zu Stricher, und uns niederficken. Heute geht es um uns, und Du sagst noch mal: Allein sein ist echt cool. Aber irgendwie zu wenig.
    Ich gebe Dir recht und schau in deine Augen: Hab ich Dir je gesagt, dass Deine Blicke Gänsehaut verursachen und mich völlig verstrahlt neben Dir zittern lassen? Du hast diesen glänzend feuchten Blick, der Schwänze hochwichst und Brustwarzen versteift.


    Schön, mein Freund, heute ist die Stadt auf unserer Seite, sie umfasst uns zärtlich und blinkt Katzengold aufs schwarze Wasser der Donau. Der frühe Herbst macht die Nächte kühler, Laub treibt auf dem Strom, wir werfen die Becher in Kübel und gehen auf der Promenade am Wasser entlang.
    Du hakst Dich bei mir ein und lächelst, dass mir die Luft wegbleibt – Du hast jede Menge Magie in Dir. Obwohl wir beide kleine Stricher sind und Junkies, ist noch Zauber in uns, und auch die Bereitschaft, Magie zu erkennen; so clever bist Du also gar nicht.
    Du willst den magischen Moment mit hingerotzer Spucke überspielen, aber ich kenne Deine Tricks: Zu viel Bahnhof und komische Kunden in unserem Leben, na los, lächle bitte noch mal so wie eben.
    Komm, sag ich, sei mein Freund. Nicht nur mein Partner auf dem Strich. Nicht nur eine Zunge, die meine Lippen für den Freier aufblühen lässt. Lass uns abhauen aus der Szene und den Routinen balkanischer Stricher die wir sind.
    Konnten wir als billige Jungs je die Stadt sehen, wie sie sich uns heute zeigt? Konnten wir je so nebeneinander gehen, ohne dauernd die Jeans über unsere knackigen Ärsche für potenzielle Kunden hochzuziehen, die T-Shirts über den Bauch nach oben zu schieben?

    Heute gibt es keine Kunden, keine lästigen Jungschwestern, die es gratis wollen. Heute gibt es den launigen Mond, das Wasser und uns.
    Wir bleiben stehen, sehen uns um. Dann setzen wir uns ans Ufer und lassen die Stadt und ihren Sound außer Acht.
    Du legst Deinen Kopf auf meinen Schoß und beginnst Sterne zu zählen, jetzt riecht Dein Atem nach Wodka, aber er ist warm und macht mich süchtig.
    Du sagst: Küss mich, und ich tu es. Blut rauscht in meinen Ohren, Du fasst in meine Haare und hältst mich fest – Dein Kuss ist gut, an fetten Freierslippen trainiert, unsere Zungen sind wie Kinder in einem Märchenwald – ich glaube an Deine Aufrichtigkeit, wie geübt sie auch sein mag.
    Du bist müde, ich weiß, müde von all den Versprechen und weinerlichen Schwüren. Du bist müde von den langen Nächten in Hotelhallen, Bars; und den echt miesen Nächten auf der Gasse oder in wanzenverseuchten Betten von Stundenhotels, ich weiß es, weil ich genauso müde bin wie Du.
    Ich bin nicht einfach nur allein, sagst Du, ich bin einsam. Und will das nicht mehr sein, hörst Du?

    Wir küssen uns noch mal, so schläfrig, so gut.


    Ich ziehe die Knie an und lege mich auf den tageswarmen Beton, Dein Kopf auf meinem Schoß ist gut, echt gut sogar, der Joint pfeift rein wie ein Tornado, der Himmel ist weit wie schwarzer Samt voll Diamentenstaub – an Reichtum denken wir jetzt nicht.
    Ich wuschle Dein Haar, Du leckst meine Hand und wir lachen
    heiser.
    Dann weinst Du kurz und ehrlich, trinkst Wodka aus der Flasche, und das bringt mich auch zum Weinen & so heulen wir beide & trösten uns Stirn an Stirn, Nase an Nase, Träne an Träne.

    Ja, sage ich, lass uns aufhören, cool zu sein. Das ist doch bloß Beschiss hoch vier, wenn Du mich lässt, will ich Dich lieben, bei Dir sein, komm, sei mein Freund.
    Fick mich jetzt unter diesem sturzbetrunkenen Mond, nimm mich und meine Worte, mein Lachen und meine Tränen, spann mich auf und atme mich an: Ich rieche ebenso noch Wodka, und alles und jedes wird gut. Alles und jedes wird gut.
    Jetzt lächelst Du wieder, ich lecke Deine Tränen von den Wangen und ich sehe, dass der Mond in Deinen Augen schallend lacht und sich mit uns freut.


    Denn wie ich schon sagte: Heute ist die Stadt auf unserer Seite, mit all ihrem Sound und Glanz und Leben.

    Und ab jetzt sind wir das auch.

    Jetzt sind wir, aus der Ferne gesehen, zwei Zeichentrickfiguren, die zum großen Mond gehen.

    Hand in Hand. Das ist gut.

    Mit dem Geschmack von Küssen und Tränen im Mund.

    Das ist besser.

    Und Dein flinkes Lächeln schlägt Wurzeln in meinem Herz.

    Das ist vielleicht das Beste.

  • Rechter Kulturkampf

    Angeblich gibt es einen Kulturkampf zwischen dem linken und dem rechten Weltbild. Um Kultur scheint man in rechten Kreisen besonders gerne zu kämpfen, denn das ist ein Kampf im Nebel, den Rechte nie durchdringen müssen. Sie begnügen sich mit Framings und Kriegsgetöse. Sie erweisen sich durchaus geübt darin, den Diskurs zu fordern und eine Diskussion loszutreten, und durchaus als gewiefte Anwender der Rabulistik. Letztendlich aber scheitern die Rechten in jeder Diskussion um Kultur.

    Warum?

    Weil die Rechte der Schaffenskraft linksliberaler Menschen nichts gleichwertiges entgegenzusetzen hat. Die politische und ideologische Rechte war und ist stets nur gut darin, Kultur entweder zu kritisieren, zu bemängeln, geringzuschätzen, oder sie sich mit unermesslicher Unverschämtheit anzueignen. Was den Rechten gefällt, wird zum Bestandteil ihrer Kultur oder dessen, was sie in ihrer rechts-ideologischen Umlaufbahn dulden, um sich den Anschein von Weltgewandtheit zu geben.

    Kultur selbst ist für die Rechten nur dekoratives Beiwerk: Bildende Kunst, Theater, Oper, Literatur: Die Rechte schmückt sich und das, was sie unter Kultur verstehen, mit konservierten Werken. Sie nehmen auch internationale Erfolge (zähneknirschend) in Kauf, beklagen gleichzeitig lautstark den Verfall der Kunst und Kultur. Das taten sie schon vor 100 Jahren, als sie alles Jüdische als entartet diskreditierten, und das tun sie auch noch heute. Rechter Kulturkampf ist zusammengefasst ein einziger, ununterbrochener Raubzug, ein freches Brandschatzen – eine Unverschämtheit gegenüber allen, die Kunst und Kultur um ihrer selbst Willen gestalten, erweitern, schaffen.

    Alles, was es in unserer Welt an Kunstschätzen gibt, an Literatur, Malerei und Komposition; alles, was jemals in diesen Kunstrichtungen von Bedeutung war, kam immer von liberalen, offenen, neugierigen, kreativen Menschen. Wie schwer sich die Rechte tut, mit zeitgenössischem Kunstverständnis umzugehen, kann man an den peinlichen, journalistischen Entgleisungen im Politikblog Exxpress nachlesen: Die Redaktion windet sich vor Schmerzen, weil sie einerseits darüber berichten muss, dass Österreich den #ESC2025 gewonnen hat, benutzen das aber gleichzeitig wieder, um Antisemitismus mit moderner Kunst und der schwulen Szene zu verknüpfen; was sie nicht negieren und vom Tisch wischen können, müssen sie zwanghaft übel beleumunden, verzerren und infrage stellen 

    Wie sich Rechtskonservative argumentativ verbiegen und verrenken, wenn sie einerseits den Patriotismus hochhalten, ja, aber bitte nur den, der ihnen ins Konzept passt, das ist immer wieder äußerst amüsant zu lesen. Das wurmhafte Wortgewusel demaskiert die politische Rechte als das, was sie ist: ein kultureller Schmarotzer ohne Scham und Ehrgefühl, bis obenhin voll mit Standesdünkel und Arroganz.  

  • Open Source als Anwender

    Obwohl ich mich mit IT schon sehr lange befasse, halte ich mich für keinen Spezialisten. Ich habe vor langer Zeit den MCSA gemacht (Microsoft Certified Systems Administrator) und dementsprechend lange die Windows-Schiene bedient. Damals war die ganze Welt Windows oder Mac. Dass es Linux gab, war mir bewusst, aber da blieb mir vor allem das „angebliche“ How to 15 in Erinnerung. Darin stand sinngemäß, man solle während der Installation von Linux jede Menge Bier trinken. Das würde zwar nicht helfen, aber das Scheitern im Rausch erträglicher machen. Damals (so 1999) musste man sich noch selbst einen Kernel kompilieren und Treiber programmieren. Heute ist das Installieren von Linux auf einem handelsüblichen Notebook oder PC fast einfacher als Windows neu zu installieren. Man doktert mit einer Live-Version herum, schaut, obs einem taugt, und wenn alles im grünen Bereich ist, installiert man es. Die vielen Linuxdistributionen haben jetzt alle grafische Paketverwaltungen und das Nachinstallieren oder Entfernen von Software ist so leicht wie nie zuvor.

    Was einen Linuxanfänger oder Umsteigewilligen manchmal abschreckt, ist der Ton in den Hilfeforen der Distributionen oder den Foren auf Reddit. Und diese Foren braucht man als Einsteiger, um sich zurechtzufinden. Viel zu oft bekommt man auf eine Frage zu dieser oder jener Herausforderung die Antwort: Hey, ist ganz einfach, die gibts diese oder jene Befehle in die BASH ein, holst das Log-File, ladest das hier hoch und geht schon. Oder: Wenn Dein Notebook den Fingerabdrucksensor nicht erkennt, da bau Dir doch selbst einen Treiber. Na hahaha.

    Diese Patzigkeit ist einerseits verständlich. Noch immer befassen sich sehr viele Leute mit Linux, die damit etwas IT-Elitäres zu tun meinen. Das sind die, wenn sie eine Wohnung suchen, die nach einem „Bastlertraum“ suchen, um sich so richtig austoben zu können. Und um der Welt zu zeigen, was sie können. Dass Linux letztendlich damit steht und fällt, wie gefällig und leicht zu handhaben ist, leuchtet diesen Leuten nicht wirklich ein, hat sich aber zu den Distributoren herumgesprochen, die wirklich viel tun, um Linux vom grollenden Wolf zum schnurrenden Kätzchen zu machen.

    Gerade jetzt, wo das Misstrauen gegen „fertige“ IT-Lösungen aus den USA rapide ansteigt, und viele Menschen nach Alternativen suchen, die einen PC einfach nur nutzen wollen, und nicht ihn beherrschen, bis in den Programmcode hinein, könnte die Linux-Community offener werden und Einsteiger etwas freundlicher bei der Hand nehmen.

    Jetzt ist viel die Rede von digitaler Souveränität, und die lässt sich wohl am ehesten mit Open-Source-Software erlangen. Das ist nicht nur eine Aufgabe für High-End-Spezialisten, sondern kann seine Breitenwirkung wohl am ehesten entfalten, wenn möglichst viele Standarduser zu folgenden Überlegungen kommen:

    • Wie mache ich mich unabhängig von Unternehmen, die mich als Bürger gängeln wollen?
    • Was muss ich tun, um zwar am digitalen Leben zu partizipieren, aber bitte zu meinen Bedienungen?
    • Wohin ist der Revoluzzer verschwunden, der ich mal mit sechzehn Jahren war?
    • Warum bin ich in meinen Ansprüchen so beliebig geworden?
    • Wohin ist mein Wunsch verschwunden, die Dinge auf meine eigene Art zu erledigen?
    • Wieso lasse ich es zu, dass mich die Großkonzerne in ein konsumgeiles, gesteuertes Kleinkind verwandeln?

    Ich bin vor geraumer Zeit nicht nur auf Linux umgestiegen, sondern habe auch meine Herangehensweisen ernsthaft hinterfragt. Vorausschicken möchte ich, dass ich Open Source nicht gleichsetze mit gratis. Es darf etwas kosten, und ehrlich, die Provider von Privacy-First-Lösungen nehmen einem nicht das Weiße aus den Augen. Mein persönlicher Paradigmenwechsel war der Sprung von „ich will alles haben, was geht“ zu „nur das, was ich wirklich brauche“. Digitaler Minimalismus, könnte man das nennen.

    Um mit den Big-Playern mithalten zu können, müssten die Open-Source-Lösungen noch gefälliger werden, einfach zu benutzen, hübscher. Viele setzen das bereits um. Ich meine, Linux Mint, Ubuntu oder Zorin Linux sind wirklich schöne Betriebssysteme.

    Zuerst einmal scheint es mir wichtig zu unterscheiden zwischen dem, was man für das tägliche Online-Leben braucht und was man so allgemein als „Nice to have“ einzirkelt.

    Ich bin sehr genügsam und mein aktuelles Setup sieht so aus:

    Mehr brauche ich nicht, und bis auf Standardnotes, pcloud und Onlyoffice kommt alles vorinstalliert mit Linux Mint. Auch ein PDF-Betrachter ist mit an Bord. Und was fehlt, bekomme ich mühelos über die Paketverwaltung – mit der Sicherheit, dass eine Community darüber wacht, dass sich da keine Blödheiten einschleichen.

    Mir gibt die Benutzung von Open Source das Gefühl von mehr Autonomie, mehr Kontrolle – und das Wissen im Hinterkopf, dass Open Source nicht einer industriellen Elite gehört, ist auch schön.

    Ich rate allen, die ihren „Peter Pan“ und die „verlorenen“ Jungs noch in sich spüren, es mal mit Linux zu versuchen. Das eigene Mindset hinterfragen, neue Wege suchen, frei nach Robert Frost im Winterwald den weniger begangenen Weg zu wählen, denn dies macht den Unterschied.

  • Totem

    Der Roman schließt direkt an das Ende des zweiten Teils an. Stefan und Elias verbringen eine schöne und glückliche Zeit, bis sich Stefan dazu entschließt, dem Ruf der Universität von Nigeria zu folgen und sein Studium im Fach Bodenkultur und Biodiversität in seinem Heimatland zu beenden.

    Elias, der von den Neuigkeiten kalt erwischt wird, besteigt in einer Hals-über-Kopf-Aktion den nächsten Zug und beginnt eine Reise ins Ungewisse. Nicht nur, um der zu sein, der geht, wenn die Beziehung schon zerbricht, sondern auch, weil er immer stärker den Drang in sich spürt, zu reisen. Neben dem Gefühl, dass er immer mehr zu sich selbst findet und die tragischen Ereignisse auf Gran Canaria und in Estland gut verarbeitet, hat er auch den Eindruck, dass sein Zeitkorridor – wofür auch immer – unerbittlich schmäler wird. Seine Reise führt ihn über Paris und Madrid nach Nordafrika und weiter nach Süden, weil ihm in Madrid durch zwei kolumbianische Männer offenbart wird, dass sein Peiniger, Le Fantom, angeblich einen Unterschlupf in Namibia hat. Die beiden Männer aus Kolumbien haben einen triftigen Grund, Elias auf Le Fantom anzusprechen: Hat er doch ihre beiden manipulierbaren Söhne zuerst zu Mördern gemacht und dann in den Selbstmord getrieben.

    Parallel dazu wird die Geschichte eines jungen Erben aus einer Unternehmerdynastie in Belgien erzählt, dem nicht nur daran gelegen ist, zu verschwinden, sondern der auch im September 1985 nach einem geheimnisvollen Monument in der Wüste von Namibia sucht. Er reist als Finanzier einer kleinen Expedition, begleitet von vier afrikanischen jungen Leuten, in den Süden Afrikas. Die beiden Handlungsstränge überkreuzen sich, bedingen sich und treiben einander voran, bis es am Ende der Geschichte zu einer ebenso dramatischen wie auch erlösenden Begegnung kommt …


    Einige Musikstücke, die mich begleitet haben, als ich den Roman schrieb:

  • Cover

    Warum ein Strandabschnitt von Namibia an der Atlantikküste das Coverbild meiner Website ist? Weil mein aktueller Roman, der im Herbst erscheinen wird, zu großen Teilen ebendort spielt: Sossusvlei, Deadvlei und die Walfischbucht. Die Coverbilder wechseln mit den Romanprojekten und der mit Goldstaub bedeckte Junge, den ich zuvor als Hauptbild hatte, war mir zu wenig generisch für die Website – trifft aber den Kern der Handlung des neuen Buches sehr genau.

  • September

    Ähnlich wie bei der Elias-Trilogie habe ich auch für dieses Projekt die Grundidee schon seit Jahren in mir. Tatsächlich habe ich das Thema bereits zwei Mal verarbeitet: Das tragische Schicksal eines Mannes, der seinen Partner überlebt und sich mit dem neuen schweren Leben arrangieren muss, habe ich in den Romanen Die Inseln im Westen und in CODA – der letzte Tanz verarbeitet. In diesen Romanen war der Tod des Partners jedoch nur die Ausgangssituation für eine weitaus größere und dramatische Geschichte.

    In diesem Romanprojekt, das ich nun vorziehen werde, und das wohl ein Kurzroman wird, möchte ich den Fokus tatsächlich auf einen alten Mann legen, der nach 50 Jahren Beziehung seinen Partner verliert und als Siebzigjähriger auf einmal allein da steht und von der Last des Alleinlebens schier erdrückt wird.

    Er beschließt, eine letzte Reise zu unternehmen, um einen Platz zu suchen, an dem er sterben kann und will. Er reist mit Bahn und Bus durch Europa, kommt aber nur bis zur Toskana, wo er in einer scheinbar verlassenen Villa seinem Leben ein Ende setzen will – und dann kommt alles anders …

    Ich denke, ich habe mal wirklich Lust, eine lebensfrohe Geschichte zu schreiben, einen Roman über das Altwerden als schwuler Mann, als Witwer.

    Mal sehen, ob die Übung gelingt.

  • Notizen: Völkerrecht

    Notizen: Völkerrecht

    […] es gibt nun mal Werte, die dauerhaft und unverbrüchlich sind und damit die Grundlage für eine zivilisierte Gesellschaft bilden: Völkerrechte, Menschenrechte, Grundrechte. Diese Grundwerte sind fundamental und nicht beliebig. Das wissen Juristen und Völkerrechtsexperten, die allesamt hinzugezogen wurden und werden, wenn es um den Beitritt zur EU geht.

    Und ein gemeinsames gesellschaftliches Fundament zu haben, bedeutet keinesfalls, die Eigenschaften und Stärken der einzelnen Mitgliedsländer zu schwächen oder zu negieren. Andererseits frage ich mich, durch welche besonderen Eigenschaften und Stärken sich der Ungar von mir unterscheidet, der Tscheche, der Slowake, der Slowene oder der Deutsche – um nur ein paar zu nennen?

  • Projekte

    Die Elias-Trilogie

    Meine Arbeit an der Trilogie ist beendet, der dritte Roman mit dem Titel Du bist der Totem habe ich abschließend korrigiert und an den Verlag geschickt. Ich warte noch auf die Druckfahnen, um ein allerletztes Mal drüber zugehen, und am 1.9.2025 soll das Buch erscheinen. Der Verleger und ich erwägen, die Trilogie auch als ein Buch anzubieten, in dem alle drei Bücher enthalten sind

    Im September

    Ich beginne gerade damit, einen Roman zu schreiben, in dem es um einen alten Mann geht, der nach dem Tod seine Langzeitpartners einen Ort sucht, an dem er friedlich Selbstmord begehen kann und stattdessen Lebensfreude und Glück findet


    Bei der Arbeit an einem neuen Roman höre ich gerne Musik. Beim Spazierengehen auch, oder wenn wir auf der Donauinsel Rad fahren oder faul am Wasser dösen.

  • Bellerophon

    Mein neues Romanprojekt, nachdem ich den dritten Band der Elias-Trilogie beendet habe, begann ich vor der Trilogie und habe die Arbeit daran unterbrochen, weil ich mich verzettelt habe. Ursprünglich ist es eine SF-Geschichte, die so tut, als wäre sie in den Sechzigern geschrieben worden, also mit dem Wissensstand der Sechziger in Bezug auf unser Sonnensystem. Die Handlung spielt im Jahr 1981 – also in einem 1981, wie man es sich in utopischen Romanen früher so vorgestellt hat.

    Buch 1

    Die Franzosen bauen gemeinsam mit russischen Wissenschaftlern in einer geheimen Basis am Lac du Salagou in Frankreich eine geheime Raketenbasis und dort ein Raumschiff namens Bellerophon. Der französische Schüler Elias Beaumont stolpert bei einem misslungenen Selbstmordversuch in diese Basis, und zwar durch einen der „Feuerschächte“, durch die die brennenden Austrittsgase der startenden Rakete abgeleitet werden und wird von einem jungen Maschinisten gerettet. da der Start ungeplanterweise vorverlegt wird, und die Basis hermetisch abgeschlossen wird, bleibt ihnen kein anderer Weg, als mit den letzten Beladeroboter an Bord des Raumschiffs zu flüchten und mit ins All zu fliegen.

    Grund für die Mission ist das, was die russische Venera-Sonde in den letzten Sekunden sendete, bevor sie aufhörte, Daten zu schicken. Die ersten Minuten der Übertragung ergeben ein Bild der Venus, wie man sie heute zu kennen meint: über 90 Atmosphären Luftdruck und rund 450 Grad Hitze. Das scheint aber ein Fehler im Computersystem der Sonde gewesen zu sein, denn in den letzten Sekunden öffnet sich das Verschluss-System der Kamera und man sieht für ein paar Augenblicke einen üppigen Dschungel voller sich umschlingender Pflanzen …

    Auf der Reise, nachdem sie ertappt wurden und an Bord Aufgaben zugewiesen bekommen, entdecken Elias und sein Retter, der exilkubanische Soldat und Maschinist Kevin Yunior Aguilar, das Geheimnis des überragenden Computersystems der Bellerophon und müssen eine Entscheidung von enormer Tragweite treffen …

    Buch 2

    Der zweite Roman, den ich als Rahmenhandlung erzählen wollte, und den ich nun wirklich als eigenständigen Kurzroman schreiben möchte, erzählt die ebenso geheimnisvolle wie tragische Entstehungsgeschichte des ersten Romans: Ein altes schwules Ehepaar unternimmt mit dem Auto eine Europareise und als sie in Frankreich nahe der Gemeinde Celles, am Ufer des Stausees Lac du Salagou ein Haus anmieten, findet einer der beiden nicht nur einen Zeitungsartikel aus den Sechzigern, der sich mit der Literaturszene der SF-Autoren Frankreichs befasst, sondern auch unter einem Verschlag ein handgeschriebenes Manuskript. Er findet heraus, dass der Buchbinder und Verleger, der in den Sechzigern eine kleine Literatengruppe um sich geschart hat, des Mordes an einem der Schriftsteller beschuldigt, aber nie überführt werden konnte. Seine verwirrenden Aussagen zum Werk des ermordeten Schriftstellers wurden belächelt, lebten aber als Legenden weiter. Angeblich war der ermordete Schriftsteller in der Lage, Wirklichkeiten herbeizuschreiben und der Mord sollte ihn daran hindern, eine katastrophale Umdeutung der Wirklichkeit zu verfassen. So lange niemand das Werk des ermordeten Autoren liest, geschieht nichts. Aber wehe, jemand liest sein letztes, verschollenes Manuskript …

  • Atim

    Eine der komplexesten Figuren, die ich je ersonnen habe, ist Atim Janson. Er spielt eine sehr wichtige Nebenrolle im Roman Auf dieser Frequenz. Der Roman bildet den Mittelteil der Elias-Trilogie. In dieser Geschichte wird Stefan, der beste Freund von Elias, der Hauptfigur der drei Romane, in Estland von Nationalisten entführt, um einen Pakt der baltischen Staaten zu verhindern. Atim ist einer der Entführer. Er ist der Jüngste der drei Entführer und aus der Sicht seiner beiden Freunde der Laufbursche ihrer kleinen nationalen Front.

    Zuerst sieht es so aus, als ob Atim nicht mehr wäre als ein Mitläufer, einer der mitmacht, um überhaupt irgendwo dabei zu sein. Er tut sich hervor mit harten Sprüchen und Spott gegenüber Minderheiten wie People of Color und/oder LBQT+ ohne Abstufung.

    Im Verlauf der Handlung stellt sich heraus, dass Atim eigentlich schwul ist und darunter leidet, dass er keinen Weg findet, seine Sexualität auszuleben. Er kann nicht dauernd nach Tallinn fahren, um dort nach jemand zu suchen, und außerdem ist er zu sehr gefangen in den Blut und Boden Fantasien seiner Kumpel, die ihm eine Art Nestwärme bieten, der er sich nicht entziehen kann.

    Wenn er allein ist, hört er schwere klassische Musik oder symphonische Filmmusik, aber auch Musicals, hat heimlich ein Instagram-Konto, auf dem er anzügliche Fotos von sich postet, ohne sein Gesicht zu zeigen oder gerade soviel, dass er eben nicht erkennbar ist. In ihrem Gefangenen erkennt Atim nicht nur einen Mensch von mehr Größe und Würde, als er selbst je erlangen wird, sondern auch den Mann, nachdem er sich, ohne es zu erkennen, in seinen einsamen Nächten gesehnt hatte.

    Stefan tötet Atim und kann fliehen. Er nimmt dessen Smartphone mit, entsperrt es und beginnt auf seiner Flucht, als er sich in den Momenten, wenn er sich ausruht, zu begreifen, dass er einen Menschen getötet hat, dessen Leben vielleicht verpfuscht war, aber auch unendlich kostbar, weil einzigartig. Und weil Stefan kein Hollywoodheld ist, der über Leichen geht, so wie andere tanzen, leidet er auf seiner Flucht nicht nur an Schwächeanfällen und Fieber, sondern auch am Umstand, jemand getötet zu haben, den er in einem anderen Leben vielleicht sogar gern gehabt hätte …